Markus Wegerich, Geschäftsführer von Schaumstoffe Wegerich, stellt waschbare Gesichtsmasken für soziale Einrichtungen her. Die verwendeten Materialien hat er durch die Polsterei weitgehend vorrätig und verkauft diese Masken zum Selbstkostenpreis.
Wie und wann war für Sie klar, dass Sie während der Zeit der Coronakrise Masken produzieren wollen?
Schon Anfang März war die Idee, wir könnten Masken produzieren, von Mitarbeitern an mich herangetragen worden. Da hielt ich das noch für absurd und verwarf den Gedanken recht schnell. In der Woche, als auch die Einzelhandelsläden in Bayern schließen mussten, ging dann aber alles wahnsinnig schnell. Wir mussten für knapp die Hälfte unserer 50 Mitarbeiter Kurzarbeit anmelden. Schließlich haben wir in Würzburg drei Läden: Zwei Matratzen-Werksverkäufe und ein Bettenhaus mit Boutique für Wohnaccessoires und Geschenkartikel. Die Ehefrau eines Mitarbeiters ist dialysepflichtig und muss dreimal pro Woche in ein Dialyse-Zentrum. Als mir der Mitarbeiter dann berichtete, dass die Mitarbeiter im Dialyse-Zentrum mit selbstgenähten, improvisierten Masken erschienen, haben wir geprüft, ob und wie wir Masken fertigen können. Mit verschiedenen Fachleuten aus dem Pflegebereich haben wir dann innerhalb von wenigen Tagen Masken entwickelt, die im Innern den Aufbau von Einweg-OP-Masken zum Vorbild nahmen und durch Stoffummantelung waschbar und wiederverwendbar sind.
Wie ist die Produktion der Masken mittlerweile angelaufen und wie viele Masken produzieren Sie pro Tag?
Mittlerweile produzieren wir an allen unseren Standorten zusammen ca. 10.000 bis 20.000 Masken wöchentlich.
Wie klappt es mit der Lieferung der Ware, wen konnten Sie bisher mit Masken versorgen und wie gestaltet sich die Nachfrage?
Das Team in der Auftragsverarbeitung versucht, sowohl das Bestelleingangsdatum als auch die Bedürftigkeit des Bestellers in die Sortierung einfließen zu lassen. Die Nachfrage war anfangs so groß, dass wir vorerst nicht hinterherkamen. Es gingen teilweise Einzelbestellungen von bis zu 10.000 Masken ein. Beliefert wurden unter anderem Pflegeheime, Altenheime, Arztpraxen, das Technische Hilfswerk, Feuerwehr, Kinder-Palliativstation, aber natürlich auch Privatpersonen und Firmen. Inzwischen richtet sich die Nachfrage nach der Lieferzeit. Und die Maske muss natürlich gut funktionieren. Wir haben mittlerweile ein modifiziertes Modell, das gemeinsam mit dem medizinischen Direktor und dem Hygiene-Experten eines Würzburger Krankenhauses entwickelt wurde.
Auf Ihr Engagement haben Sie große Resonanz aus der Bevölkerung erhalten, auch da Sie zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Idee der Maskenproduktion hatten und unter anderem in der Main-Post über das Engagement berichtet wurde – und haben sehr viele Anfragen erhalten. Waren Sie von dieser Resonanz überrascht und wie sieht der Stand heute aus?
Die große Resonanz kam für uns unerwartet und war überwältigend. Einem Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks und einem Mitarbeiter der Deutschen Presse Agentur dpa haben wir vor Ort Gelegenheit gegeben, zu berichten. Weitere Anfragen von RTL /ntv, von ProSiebenSat.1 und anderen Medien mussten wir ablehnen, weil wir einfach weil keine Zeit hatten. Wir haben uns voll auf die Umstellung der Arbeitsplätze in Näherei und Produktion und auf die Materialbeschaffung konzentriert. Das Material der dpa wurde dann aber vielfach verwendet. So wurde über uns im ARD-Magazin Brisant, bei RTL, n-tv, auf bild.de, in der Süddeutschen Zeitung und anderen Medien berichtet. Für unser Engagement erfahren wir zurzeit viel Lob. So haben wir Anrufe von Kunden, die sich bedanken möchten oder anbieten, für uns einen Kuchen zu backen. Manchmal stehen auf dem Hof Leute, die applaudieren. Das ist zum einen befremdlich, auf der anderen Seite aber eine großartige Geste. Teilweise hatten wir aber auch weinende oder verärgerte Kunden am Telefon, denen die Lieferzeit zu lang war.
Läuft aktuell auch das „normale“ Tagesgeschäft bei Ihnen weiter „wie gewohnt“?
Es hat sich im Verlauf des Lock-Downs gezeigt, dass nur Teile unseres normalen Geschäfts stillstehen bzw. stillstanden. Das betraf primär den stationären Einzelhandel, den Matratzenverkauf und damit auch den Großhandel im Bereich der Bettenhäuser. Matratzen im Sondermaß fürs Wohnmobil sind im Rahmen der Reiseeinschränkungen natürlich auch nicht stark nachgefragt, wenn man nicht in den Urlaub fahren kann. Andere Bereiche hingegen laufen recht normal. So bestellen weiterhin die Raumausstatter und Polstereien individuelle Schaumstoff-Zuschnitte. Diese Kunden haben offensichtlich Auftragsbestand oder es gelingt ihnen, weiter Aufträge zu generieren. Das freut uns sowohl für uns als auch für die Raumausstatter. Ich hoffe sehr, dass die Branche gut durch diese Zeit kommt. Angeblich fokussieren sich die Menschen in Krisenzeiten eher auf ein gemütliches Zuhause.
Liegt die Hauptkapazität weiterhin auf der Maskenproduktion? Viele Bundesländer haben mittlerweile auch eine Maskenpflicht angeordnet, daher wird sicherlich auch der Bedarf an Masken erstmal nicht abreißen, oder wie schätzen Sie die Lage ein?
Etwa die Hälfte unserer Mitarbeiter ist momentan mit der Maskenproduktion beschäftigt. Zusätzlich haben wir ca. 20 Vollzeit-MitarbeiterInnen zusätzlich für die Maskenproduktion befristet eingestellt oder außerhalb unserer Räume aktiviert. So zum Beispiel Raumausstatter, die für uns jetzt Masken nähen. Die andere Hälfte, also ca. 25 Kollegen, machen weiterhin ihren normalen Job: Zuschnitte für Polstereien, Produktion von Pflegebettmatratzen und sonstige Dinge. Wir wollen und können unser eigentliches Geschäft nicht vernachlässigen. Es gibt ja, und da bin ich mir sicher, eine Zeit nach Corona. Und darauf freue ich mich.
Vielen Dank für das Interview!