Die Corona-Krise führt zu verändertem sozialem Umgang und neuem Arbeitsalltag, aber auch zu einem Wandel im Konsumverhalten. Generell geht der Trend hin zu ganzheitlichem Design und zu Kreislaufwirtschaft.

In diesem Jahr des permanenten Ausnahmezustands und großen Unsicherheiten gibt es auch positive Nachrichten: Deutschland wird sein Klimaschutzziel für 2020 – eine Reduktion des Treibhausgasausstoßes um 40 Prozent gegenüber 1990 – voraussichtlich erreichen. Das zeigt eine aktuelle Schätzung der Denkfabrik Agora Energiewende. Der Grund liegt vor allem in zwei Einmaleffekten: Der milde Winter mit ausgeprägten Stürmen hat die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien ansteigen und den Strom- und Energieverbrauch zum Heizen sinken lassen. Hinzu kommen seit Mitte März die Folgen der Corona-Krise, die über eine Reihe von Szenarien bereits jetzt für das Gesamtjahr abschätzbar sind. So werden die Emissionen im Verkehrsbereich durch den zurückgegangenen Personenverkehr sinken, ebenso die Nachfrage aus der Industrie nach Strom und Erdgas infolge der konjunkturellen Auswirkungen der Krise. „Die Corona-Krise hat den Planeten durch den Zwangsstopp zum Durchatmen gebracht. Flüge sind gestrichen, Fabriken stehen. Der Himmel über China ist wieder zu sehen. Was nun folgen wird, ist ein schierer Run auf das Neubewusstsein im Umgang mit unserem Planeten“, schreibt das Zukunftsinstitut. Was bedeutet Nachhaltigkeit im Jahr 2020 bezogen auf die Branche und für den Raumausstatter und Inneneinrichter? Was bedeutet das für seine tägliche Arbeit?

Beratung per Bildschirm
Der Lockdown wirkte wie ein Tempomacher für die Digitalisierung. In vielen Betrieben wurde endlich die Infrastruktur geschaffen, um Besprechungen und Beratungen auch digital durchzuführen. Kunden können mithilfe von Konfiguratoren ihre eigene Raumplanung skizzieren und sich ausprobieren. Das hat den Nebeneffekt, Zeit und Energie zu sparen, da viele Wege wegfallen.

Mehr Zeit zu Hause
Durch die anhaltende Krise arbeiten mehr Menschen als je zuvor im Homeoffice und verbringen auch ihre Freizeit viel mehr zu Hause. Schon vor der Corona-Krise wurde ein Viertel der Energie in privaten Haushalten verbraucht. In Zeiten von Homeoffice und Urlaub auf Balkonien wie Terrassien wird dieser Anteil noch höher sein. Hier ist Ihre Kompetenz gefragt: Intelligent eingesetzter innen- und außenliegender Sonnenschutz, Fensterdekoration und Bodenbelag verbessern das Raumklima und tragen dazu bei, Heizenergie im Winter und Kosten für die Klimaanlage im Sommer zu sparen. Spezielle Sonnschutz-Rechner wie der Energiesparrechner von Duette können das Potenzial pro Raum und für ganze Wohneinheiten berechnen.

Gesundheit ist das höchste Gut
Allem voran gewinnen Gesundheit und Sicherheit an Bedeutung – Hygieneprodukte wie Kunstleder mit einer antiviralen Ausrüstung werden im Medizin-, Krankenhaus-, Reha-, Objektbereich und in hochfrequentierten Bereichen wie Verkehrsmitteln, Arbeitsplätzen, Schulen und Ladengeschäften an Bedeutung gewinnen. Ob dieser Trend auch für den Privatbereich relevant wird, bleibt abzuwarten.

Wunsch nach neuen Materialien
Seit Jahren steht die Fleischindustrie wegen Massentierhaltung und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in der Kritik. Nach einem Corona-Ausbruch beim Fleischkonzern Tönnies wurde die Diskussion erneut befeuert. Da Tierhäute für die Inneneinrichtung Nebenprodukte der Fleischproduktion sind, wird auch hier ein Umdenken beflügelt. Kunden, die auf tierische Produkte verzichten möchten, finden in Kunstleder aus natürlichen und veganen Materalien wie Kaktus- (siehe nächste Seite), Ananaspflanzen oder Pilzen Alternativen.

Circular Economy

Kreislaufwirtschaft
Während in der Vergangenheit eher einzelne Bestandteile der Produkte und singuläre Aspekte in der Produktentwicklung nachhaltig oder ökologisch waren, geht heute der Trend in Richtung Circular Economy, bei der die Bestandteile wieder dem Kreislauf zugeführt werden und alle Akteure berücksichtigt werden – wie beim Cradle to Cradle-zertifizierten Möbelstoff Climatex (siehe auch Interview Seite 28). Neben der Reduzierung des Abfallaufkommens (Zero Waste-Prinzip) ist Recycling ein zentraler Bestandteil innerhalb einer Circular Economy. Im Idealfall werden recycelte Rohstoffe wieder in den Kreislauf eingespeist. Diese Entwicklung kann man im Produktdesign beobachten: Immer mehr Textilien werden aus aufbereiteten Abfallstoffen hergestellt – wie Sonnenschutz-Gewebe aus Meeresplastik oder Deko- und Möbelstoffe aus recycelten Kunststoffflaschen. Gleichzeitig sind nachhaltige Konzepte heute ganzheitlich und haben einen hohen Designanspruch.

Qualität ist nachhaltig
Ein wichtiger Faktor der Kreislaufwirtschaft ist langlebiges Design – Produkte mit langer Nutzungsdauer, die wiederverwendbar sind oder recycelt werden können. Qualitativ hochwertige Produkte sind also per se nachhaltiger als billige Ware, die nach kurzer Zeit weggeworfen wird. Und natürlich ist es nachhaltig, die Produkte zu reinigen, auszubessern und weiter zu verwenden. In diesem Zusammenhang ist es zwar keine ganz neue Erkenntnis, aber immer wieder schön zu betonen: Was gibt es Nachhaltigeres als ein wertvolles Polstermöbel, das liebevoll repariert, aufgepolstert und neu bezogen wurde?