Textile Bodenbeläge gewinnen im Fliesenformat wieder stärker an Bedeutung – nicht nur im Objekt, sondern auch im Wohnbereich. | Foto: Tarkett

Für 2022 ist mit einer anhaltend guten Ertragslage im Raumausstatter-Handwerk zu rechnen. Wermutstropfen werden aber steigende Preise und fehlende Fachkräfte sein.

„Die Stimmung ist gut“, heißt es mittlerweile unisono aus Branchenverbänden, Unternehmensvereinigungen oder Einkaufsgemeinschaften. Volle Auftragsbücher und eine verbesserte Ertragssituation lassen das Raumausstatter-Handwerk hoffen, auch eine vierte Corona-Welle wegstecken zu können und 2022 weiterhin vom Bauboom in Deutschland zu profitieren. 2020 verzeichnete die Baubranche einen Rekordumsatz von 98,3 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 6,6 Prozent zu 2019, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Dessen Daten zeigen zudem, dass der gewerbliche Bau leicht rückläufig ist (-4,8 Prozent), während der Wohnungsbau ein sattes Plus von 7,6 Prozent verzeichnen konnte. Neben dem Neu- bau gewinnt immer stärker das Bauen im Bestand an Bedeutung: Renovierungsprojekte machten 2021 bereits deutlich über 60 Prozent aus. Dies hat auch die Regierung erkannt und stellt bis 2023 allein für den Umbau und die Erweiterung von Schulgebäuden 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Trend, der derzeit alles beflügelt, heißt Nachhaltigkeit. Eine Um- frage des Kautschukboden-Herstellers Nora Systems zeigt beispielsweise, dass sich kommunale Entscheider bei der Materialauswahl besonders von Nachhaltigkeitsthemen leiten lassen (siehe Kasten Seite 43). Aber auch private Bauherren entdecken ihr ökologisches Gewissen: Laut einer aktuellen Umfrage der BHW Bausparkasse sprechen sich 60 Prozent dafür aus, beim Bauen ausschließlich recycelte oder recycelbare Baustoffe zu verwenden. Eine Nachfrage, die der Raumausstatter bedienen kann.

Kaufverhalten ändert sich

Die Zahlen der Statistiker sowie die Prognosen der großen Wirtschaftsinstitute spiegeln sich auch in konkreten Berichten der Branchenverbände wider. So verkündet der Verband der Deutschen Parkettindustrie (VDP), dass seine Mitglieder 2020 ihren Umsatz um 7,4 Prozent auf rund 253 Millionen Euro steigern konnten. Gleichzeitig legte die abgesetzte Menge um drei Prozent auf rund 8,7 Millionen Quadratmeter zu (Anm.: Gesamtmarkt Deutschland < 20 Millionen Quadratmeter). „Die Zahlen stimmen uns optimistisch. Der steigende Absatz von Echtholzparkett ist Ausdruck eines sich verändernden Bewusstseins vieler Kunden, denen Ökologie und Nachhaltigkeit auch bei Einrichtungsfragen wichtiger werden“, sagt Michael Schmid, VDP-Vorsitzender. Eben- falls positiv schätzt Frank B. Müller, Geschäftsführer des Deutschen Kork-Verbands (DKV), die Entwicklung beim Kork-Bodenbelag ein: „Höherpreisige Sortimente werden zunehmend besser nachgefragt!“ Die DKV-Mitglieder konnten ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2021 um 12 Prozent zum Vorjahreszeitraum erhöhen und sogar im Vergleich zu 2019 zulegen. Müller sieht dies ebenfalls im gesteigerten Bewusstsein für Nachhaltigkeit begründet. Auch wenn viele Raumausstatter glauben, dass Laminatböden in ihrem Sortiment den Zenit schon überschritten hätten, meldet der Verband der Europäischen Laminatbodenhersteller (EPLF) ebenfalls gute Zahlen: „Wie im Jahr 2019 war Deutschland auch 2020 der stärkste Markt in Europa mit einem Absatz von 52,7 Millionen Quadratmetern, was einem Zuwachs von 6,1 Prozent entspricht.“ Den weltweiten Laminatboden-Absatz aus der Produktion der EPLF-Mitglieder gibt der Verband für 2020 mit 459 Millionen Quadratmetern (+2,74 Prozent) an.

Preisentwicklung ungewiss

Ob dieser positive Branchentrend weiter anhält, wird vor allem davon abhängen, wie sich die Preise entwickeln. Schon heute ist abzusehen, dass sich die weiter steigenden Rohstoff-, Energie- und Transportkosten in allen Bereichen niederschlagen werden. Mehr denn je wird es in Zukunft darauf ankommen, auf gewachsene und vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen zu bauen und sich gleichzeitig auf sein fachliches Know-how zu verlassen.