Andreas Klenk (Geschäftsführer von Saum & Viebahn) und Peter J. Schroeder (Leiter MZE/2HK Raumdesign).

Um sich gegen den wachsenden Wettbewerb auch der großen Online-Händler durchzusetzen, bedarf es mutiger Konzepte und strategischer Partnerschaften. Zwei prominente Marktplayer, Andreas Klenk (Geschäftsführer von Saum & Viebahn) und Peter J. Schroeder (Leiter MZE/2HK Raumdesign), starten mit diesem Interview in eine neue Ära der Kooperation, die den Erfolg ihrer Kunden ebenso in der Zukunft sichern soll.

Nach einer aktuellen Studie von eStrategy&Consulting zur Zukunft von Verbundgruppen im Einzelhandel entstand die Kooperationsform der Einkaufsgemeinschaft zum Ende des 19. Jahrhunderts, um bessere Einkaufskonditionen für mittelständische Händler zu erzielen. In den 1920ern fingen diese als Dienstleister an, ihre Mitglieder neben der Warenbeschaffung auch bei Finanzierungen wie beispielsweise durch Zentralregulierung zu unterstützen. Im 20. Jahrhundert begannen die Verbundgruppen die Rolle des Vermarkters zu übernehmen, stellten klassisches Marketing und eine zentrale Handelsmarke bereit. Die RZ – Trends Interior Design sprach mit Peter J. Schroeder, Leiter MZE/2HK Raumdesign und mit Andreas Klenk, Geschäftsführer des Textilunternehmens Saum & Viebahn, über die aktuelle Situation und Zukunft der Verbundgruppen in der Einrichtungsbranche.

Sind Einkaufsgemeinschaften oder Verbundgruppen im 21. Jahrhundert überhaupt noch zeitgemäß?
Peter J. Schroeder:
Aus meiner Sicht kann ich das nur mit einem ganz klaren Ja beantworten. Was sich tatsächlich verändert hat, das ist die klassische Formel eines Einkaufsverbands, die sich ausschließlich auf die Konditionsverhandlungen mit den Lieferanten konzentriert. Unsere Philosophie besagt, dass sich MZE Möbel-Zentral-Einkauf zunehmend als Verkaufsverband versteht. In dem unternehmerischen Selbstverständnis steckt auch die konzeptionelle Unterstützung der Mitglieder und Industriepartner des Verbands. Er hat die Funktion, die Lieferanten zu bündeln und sich als Verkaufs-Kooperation zu positionieren mit der strategischen Unterstützung seiner Mitglieder zum Beispiel im Marketing, in der Unternehmenssteuerung und -führung, um nur einige Beispiele zu nennen.

Andreas Klenk: Der Terminus Verbundgruppen ist aus meiner Sicht heute der richtige Begriff. Unternehmen, die sich auf den reinen Zahlungsverkehr und den Einkauf konzentrieren, sind Auslaufmodelle. Es findet ein Wandel statt. Verbundgruppen werden sich mit verkaufsorientierten Dienstleistungen beschäftigen müssen und diese in Zukunft noch stärker beitragsfinanziert anbieten. Zudem werden Lieferanten das Konditionsumfeld wie in den 1980er- und 1990er-Jahren nicht mehr anbieten können. Wir erleben derzeit einen enormen Preisdruck in den Beschaffungsmärkten, sowohl was die Preissteigerungen bei den Rohstoffen als auch der Lieferketten wie beispielsweise der Containerverschiffung anbelangt. Diese immensen Kostensteigerungen werden aufgrund der pandemiebedingten Weltmarktschwankungen sicher noch einige Zeit anhalten.

Herr Klenk, Sie sind seit 2013 Geschäftsführer von Saum & Viebahn sowie der Tochterunternehmen/Kooperationen Coratex und Sofatex. Sie haben sich 2021 bewusst vom Image der Verbundgruppe abgegrenzt, Coratex und Sofatex in ihrer bisherigen Form aufgelöst und in den Marketingkreis SV+ überführt. Weshalb?
Wir haben einen langjährigen Prozess hinter uns. 1983 als Tochterunternehmen von Saum & Viebahn gegründet, hat sich die Coratex von Beginn an nicht als klassischer Einkaufsverband verstanden. Das Konzept bestand darin, dem raumausstattenden Handwerk und Handel insbesondere Dienstleistungs-, Service- und Marketingangebote zur Verfügung zu stellen, ebenso ab 1995, mit Gründung der Kooperation Sofatex, unseren Polsterfachbetrieben. Mit dem Wegfall der einstigen Zentralregulierung und der Fokussierung in den letzten Jahren auf den Bereich Marketing war es nur eine logische Konsequenz für uns, mit dem SV+ Partner-Konzept ein Zukunftsprofil zu entwickeln, das eng mit Saum & Viebahn verknüpft ist, Coratex- und Sofatex-Partner anspricht, aber auch neue Kunden. Mit der Transformation und Abgrenzung von unserer Verbandshistorie ist der Weg nun offen, um etwas konzeptionell Neues für den Markt zu starten.

Herr Schroeder, Sie sind seit 2008 bei dem Einkaufsverband MZE Möbelzentraleinkauf – Wohnen (Möbel), Schlafen, Küche –, den Sie mit dem eigenständigen Unternehmensbereich Raumausstattung zu einem Einrichtungsverband ausgebaut haben. Wie sieht das Profil der MZE und speziell des Unternehmensbereichs 2HK Raumdesign aus?
1985 als Einkaufsverband gegründet, versteht sich MZE heute als Netzwerk für führende mittelständische Fachgeschäfte und Fachmärkte der Einrichtungsbranche. Der Unternehmserfolg der Verbandsmitglieder steht seit der Gründung der MZE an erster Stelle. Dabei ist die einzigartige Netzwerkstruktur des Einkaufsverbandes die Basis für den gemeinsamen Erfolg und die Lösungen für die Herausforderungen der mittelständischen Einrichtungsbranche der Zukunft. Der Unternehmensbereich 2HK Raumdesign mit heute 75 Mitgliedern in der Fachgruppe „Der Textile Einrichter“ und insgesamt 180 Partnern versteht sich nicht nur als eine Inneneinrichter-Kooperation, sondern vor allem als eine Verkaufs-Kooperation mit dem Einrichtungskonzept und der Eigenmarke „Keno Kent Home 3.0“. Um unseren Mitgliedern langfristig Erfolg zu sichern, werden permanent Konzepte, Ideen und Maßnahmen entwickelt, die unseren Partnern den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnen.

Welche Bedeutung hat das Textilunternehmen Saum & Viebahn als Lieferant für Ihren Unternehmensbereich?
Schroeder: Saum & Viebahn ist für viele 2HK Raumdesign-Partner im textilen Bereich der Lieferant Nummer eins. Das hat auch etwas mit der Bindung einiger Partner zu tun. Ein Großteil unserer Anschlusshäuser kommt aus der Zusammenarbeit mit Saum & Viebahn und auch der Coratex. Viele meiner Marktbegleiter wissen es: Bevor ich zur MZE kam, war ich von 2002 bis 2008 Geschäftsführer der Coratex und Sofatex in Kulmbach. Bedingt durch meine Historie war immer schon eine Öffnung und Bereitschaft sowohl auf der Warenebene als auch konzeptionell vorhanden mit dem Kulmbacher Textilunternehmen enger zusammenzuarbeiten. Als Saum & Viebahn die Entscheidung getroffen hat, die Tochterunternehmen neu zu positionieren und den Kooperationsstatus der Coratex damit aufzugeben, sind wir aufeinander zugegangen. Es gibt eine Historie zwischen uns und diese haben wir jetzt wieder zusammengeführt. Das verspricht viel Potenzial für unsere Unternehmen und unsere Mitglieder.

Was sehen Sie als die Stärken von MZE/2HK Raumdesign für Ihr Unternehmen und Ihre Kunden?
Klenk: Die Kernstärken von 2HK Raumdesign sind eindeutig die ganzheitlichen Wohnkonzepte, der Ladenbau, der Erlebniskauf, die Unternehmensberatung und Analyse. Schnittstellen ergeben sich beispielsweise bei unseren Erfa-Gruppen. Wir haben jeweils acht beziehungsweise neun Erfa-Gruppen, doch auch hier bedarf es einer inhaltlichen Neuausrichtung im Erfahrungsaustausch. Digitalisierung und speziell digitale Verkaufskonzepte sind die Themen der Zukunft in unseren Erfa-Gruppen, bei 2HK Raumdesign ist eines der zentralen Themen die Unternehmensführung – Nachfolgeregelung und Juniorenaustausch. Hier finden bereits Synergieeffeekte durch wechselseitige Teilnahme statt, die aber noch weiter ausbaufähig sind.

Mit Ihrem neuen Konzept Plus+ Partner wollen Sie Ihren Mitgliedern einen unternehmerischen Mehrwert bieten. Wofür steht das Plus in Ihrem Claim?
Schroeder: Unser Mehrwert ist in erster Linie unser Alleinstellungsmerkmal: Europaweit gibt es keinen Verband, der so positioniert ist wie MZE. Das Plus steht für die vier Unternehmensbereiche mit über 700 Lieferanten und ab Mai 2021 für die neue Kooperation mit den SV+ Partnern. Ergänzend kommt die seit 2014 bestehende und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Einkaufsverband Decor-Union hinzu.

Worin liegen die Synergieeffekte aus Ihren beiden Konzepten Kreativpool der Coratex von Saum & Viebahn und dem Konzept Plus+ Partner von MZE/2HK Raumdesign?
Klenk: Die Pandemie wirkt wie ein Brennglas auf unsere Branche. Im Bereich Digitalisierung hat sie einen enormen Nachholbedarf. Start-ups drängen online und stationär in die Branche. Unsere Aufgabe ist es, die Branche wachzurütteln, Netzwerk-Plattformen zu bilden, das Thema Multichannel voranzutreiben. Der Kunde, der jetzt heranwächst, will über Facebook, Instagram und Newsletter informiert werden. Das muss in der Branche etabliert werden, sonst verliert die Branche an Ansehen und Öffentlichkeit. Mit unserem SV+-Konzept, unserem Know-how, wollen wir unsere Kunden sowie die von MZE/2HK Raumdesign darin unterstützen, auf allen Kanälen professionell wahrgenommen zu werden und sichtbar zu sein.

Schroeder: Als Verbundgruppe sehen auch wir es als eine der größten Herausforderungen für unsere Mitglieder an, sich den neuen Wegen im Digitalbereich zu öffnen. Der klassische Handwerker wird immer dem stationären Handel verbunden sein. Jedoch darf er sich gegenüber den digitalen Neuerungen nicht verschließen, es findet ein Generationswechsel statt, der Raumausstatter muss sich regional im Multichannel positionieren. MZE hat bereits interessante Vermarktungsstrategien im Print- und Online-Bereich entwickelt. Mit dem Kreativpool der Coratex GmbH von Saum & Viebahn bieten wir ergänzend für 2HK Raumdesign-Partner nun ein individuelles Marketingpaket an, das auf die Branche der Raumausstattung zugeschnitten ist.

Wie werden Sie Ihre Zusammenarbeit dokumentieren und sich positionieren?
Schroeder: Mit diesem Interview geben wir den Startschuss für die Kooperation und den Synergien aus beiden Konzepten, zunächst fokussiert auf Bestands- und Neukunden im deutschen Markt.

Klenk: Wir wollen unsere beiden Plus-Konzepte Schritt für Schritt im Markt positionieren, ohne Vertrag, mit einem strategischen Schulterschluss und über ein gegenseitiges Empfehlungsmarketing.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

www.mze.de / www.saum-und-viebahn.de