Bald ist es wieder so weit, die theoretischen Gesellenprüfungen stehen am 9. Mai 2023 an. Damit sich alle Azubis noch besser auf die Prüfung vorbereiten können und erst gar keine Prüfungsangst aufkommt, hat der ZVR nachgefragt, was von den Prüflingen erwartet wird. Wer könnte uns diese Fragen besser beantworten als die Sieger des letzten Leistungswettbewerbs im Raumausstatter- und Sattler-Handwerk 2022 Rahel Dörfel, erste Siegerin im Raumausstatter-Handwerk, und Loki Lasch, erster Sieger im Fahrzeugsattler-Handwerk:
Wie bereitet man sich auf die theoretische und praktische Prüfung am besten vor?
RAHEL DÖRFEL: Die beste Vorbereitung ist als Erstes immer das aufmerksame Zuhören im Unterricht und bei den überbetrieblichen Lehrunterweisungen. Für die Theorie sind die Lehrkräfte in der Berufsschule gute Unterstützer und legen in der unmittelbaren Zeit vorher viel Wert auf Prüfungsvorbereitung im Unterricht. Ansonsten gilt: hinsetzen und lernen! Dabei hat es mir sehr geholfen, verschiedene Themen mit Mitschülerinnen und Mitschülern gemeinsam durchzugehen. In der Vorbereitung auf die praktische Prüfung war es für mich hilfreich, dass ich in meinem Ausbildungsbetrieb (Ihr Traumausstatter Schönfelder, Rodewisch) viel praktische Erfahrung sammeln konnte und in jeden Bereich der Raumausstattung Einblick haben durfte. Auch die überbetrieblichen Lehrunterweisungen in der Handwerkskammer haben mir sehr geholfen, um ein handwerkliches Geschick zu entwickeln. Neben dem handwerklichen Teil gehört zur Vorbereitung auf die praktische Prüfung, aber auch noch die Planung und Konzepterstellung für das „Gesellenstück“ dazu. In meinem Fall: eine kleine Koje mit drei Wänden, Boden und Decke, die mit allen Bereichen der Raumausstattung gestaltet werden sollte. Dabei hilft es, sich schon recht zeitnah ein Thema zu überlegen und die Ideen reifen zu lassen.
LOKI LASCH: Für die theoretische Prüfung haben wir uns in Rendsburg in Gruppen meist nach dem Unterricht getroffen und zusammen gelernt und dann natürlich noch in der Freizeit. Als die theoretische Prüfung näher rückte, wurde jede freie Minute fürs Lernen genutzt. Zwar nicht mit 100 Prozent, aber so gut wie es eben ging. Auf der Arbeit bin ich mit meinen Kollegen Fragen, die vielleicht drankommen könnten, durchgegangen. Für die praktische Prüfung hat man sich eigentlich in der kompletten Ausbildung vorbereitet, da es sich bei der Prüfungsaufgabe um das Erstellen eines Autositzes gehandelt hat. Vielleicht war es nicht derselbe Schwierigkeitsgrad, aber nach fünf bis sechs Mal hatte man es drauf.
Wie liefen in deinem Fall die Prüfungen ab?
RAHEL: Die theoretischen Prüfungen, in meinem Fall bestand sie aus drei Teilen (zwei fachbezogene und die Wirtschaftsprüfung), fanden in der Berufsschule statt. Für alle drei Teile hatten wir an einem Tag etwa sechs Stunden Zeit. Die Fragen bestehen teilweise aus Multiple-Choice-Aufgaben, aber auch aus sachbezogenen Fragen und mathematischen Aufgaben. Im Vorhinein erhält man dazu eine ganz grobe Einschränkung der Prüfungsthemen. Für die praktische Prüfung, die sich über eine Woche hinzog, sind wir in der Handwerkskammer Dresden zu Gast gewesen. Von Montag bis Donnerstag galt es, das Raumkonzept, das im Vorhinein lange geplant wurde, in unseren kleinen Kojen umzusetzen – die Prüfungsanforderungen haben wir schon einige Wochen zuvor erhalten. Das sind vier Tage handwerkliche Leistung unter höchster Konzentration. Am fünften Tag findet ein 30-minütiges Fachgespräch mit den Prüfern statt, in dem das zuvor Erarbeitete und Geplante argumentiert werden muss. Ist das alles geschafft, ist am Samstag eine kleine „Vorzeugnisausgabe“ und anschließend der Abbau und Abriss der Kojen. Ein trauriger Moment, aber die Freude, es geschafft zu haben, überwiegt. Die Prüfungskommission besteht zum Teil aus Berufsschullehrern, aber auch aus unabhängigen Personen aus der Raumausstatter-Branche.
LOKI: Meine theoretische Prüfung fand in meiner Berufsschule in Rendsburg an einem Schultag statt. Der Prüfungsausschuss in der Berufsschule bestand aus unabhängigen Prüfern und aus den Lehrkräften der Schule. Wir hatten keine genauen Infos bekommen, worum es sich in der Prüfung handelt, nur, dass es Fragen geben wird, die sich auf unsere theoretische Ausbildung beziehen. Meine praktische Prüfung habe ich in einer anderen Sattlerei in Hamburg absolviert. Bei der Prüfung hat man 16 Stunden Zeit für die komplette Neuanfertigung eines Sitzbezuges. Man startet mit einem blanken Sitz, der nur aus Gestell und Polster besteht. Dann fertigt man Schablonen an und danach natürlich noch den Bezug. In Hamburg sind die Aufgaben der Prüfung etwas genauer als in Schleswig-Holstein.Wir in Hamburg müssen Pfeifen und Keder in unserem Gesellenstück berücksichtigen.
Wann gab es die Ergebnisse?
RAHEL: Das Ergebnis „Bestanden oder nicht“ haben wir direkt am Samstag nach der praktischen Prüfung erfahren. Das tatsächliche Ergebnis und die Noten erhielten wir etwa einen Monat später zur Gesellenfreisprechung.
LOKI: Das Ergebnis meiner schriftlichen Prüfung habe ich erst am Tag meiner Bekanntgabe des praktischen Ergebnisses bekommen und dazwischen lagen zwei Monate.
Und wie geht es nach der Gesellenprüfung weiter?
RAHEL: Ob man in seinem Ausbildungsbetrieb bleibt, hängt davon ab, ob dieser einen Gesellen braucht oder nicht, ob man vielleicht aus persönlichen Gründen in eine andere Firma wechseln oder sogar in eine andere Branche gehen möchte. Weiterbilden kann man sich immer, egal in welchem Angestelltenverhältnis oder in welchem Alter. Für einige ist dabei der Meister im Handwerk eine Option. Zum Beispiel, wenn man Pläne hat, eine Firma zu übernehmen oder sich selbstständig zu machen, oder aber einfach, um sein Wissen zu erweitern und sich damit in der Firma, in der man angestellt ist, einzubringen. Absolventen der Hochschulreife können im Anschluss natürlich auch immer noch ein Studium antreten, wie zum Beispiel Innenarchitektur. Neben diesen beiden größeren Dingen gibt es natürlich auch noch andere Möglichkeiten sich innerhalb der Branche weiterzubilden. Zum Beispiel durch Lehrgänge, Seminare oder Ähnliches.
LOKI: Ich bin nach meiner Ausbildung in meinem Betrieb geblieben, da ich und auch mein Chef es für gut befunden haben – ich kann das nur jedem empfehlen, der gut in seiner Firma klarkommt. Nutzt die Chance, weitere praktische Erfahrung zu sammeln, denn in der Ausbildung hat man nur an der Oberfläche des Handwerks gekratzt und es gibt noch so viel mehr zu lernen. Da ich in Hamburg Landessieger geworden bin, durfte ich auch zum Bundeswettbewerb und dort gegen die anderen Sattlerinnen und Sattler aus ganz Deutschland antreten.Das war eine tolle Erfahrung!