Bauen im Bestand wird in Zeiten sinkender Neubauquoten immer bedeutsamer. Auch wenn für Raumausstatter das Arbeiten im Altbau bereits ein gewohntes Terrain ist, steht die Branche hier vor neuen Herausforderungen.

(Be)Stand der Dinge

Steigende Zinsen, fehlende Liquidität und höhere Materialkosten setzen die Wirtschaftlichkeit von Neubauprojekten unter Druck. Allein in Nordrhein-Westfalen sind die Baupreise innerhalb von acht Jahren um 50 Prozent gestiegen, so die Erhebung des Verbandes Haus & Grund. Der klassische Wohnungsbau dümpelt vor sich hin, die Neubauquote für Einfamilienhäuser ist im Keller, einzig im Luxussegment wird noch Beton gegossen: Der Bau von Vorstadtvillen oder Ferienhäusern für Besserverdienende ist in nahezu allen Regionen Deutschlands noch nicht gänzlich eingebrochen. Die Kirsche auf dieser kleinen, aber feinen Sahnehaube der Baubranche könnte der Auftrag für einen Raumausstatter sein und so auch seine Arbeit im Neubau mittelfristig sicherstellen. Seinen Butter-und-Brot-Auftrag wird er aber vorerst weiter im Bestand finden.

Ausbaugewerke sind noch zufrieden

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks attestiert in seinem Konjunkturbericht für das zweite Quartal 2023 gerade den Ausbaugewerken die beste Geschäftslage, die 57 Prozent der Befragten als gut bewerten. Auch bei den Aussichten sind Maler, Bodenleger oder Raumausstatter zuversichtlich: 79 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Auftragslage aus, 8 Prozent hoffen auf eine Verbesserung und nur 14 Prozent denken, dass es schlechter wird. Eine Einschätzung, die durchaus realitätsnah scheint: Die Objekteure des Netzwerks Boden (siehe Seite 28) haben in einer Umfrage Anfang Oktober zum Großteil ihre aktuelle Geschäftslage als gut bezeichnet. Für die nächsten zwölf Monate sehen immerhin knapp zwei Fünftel kaum Veränderungen und gut 10 Prozent glauben sogar, dass es besser wird.

Der Konjunkturbericht für das zweite Quartal 2023 des Zentralverbands des Deutschen Handwerks bescheinigt den Ausbaugewerken die beste Geschäftslage.

Umnutzung von Gewerbeimmobilien nimmt zu

Arbeiten im Bestand bedeutet schon heute nicht nur Altbauten zu renovieren oder zu sanieren, sondern auch ehemalige Gewerbeflächen zu Wohnraum umzugestalten. Der Trend zum Homeoffice lässt bundesweit Büroimmobilien leer stehen, Einzelhandelskomplexe wie die des Galeria Karstadt Kaufhof-Konzerns brauchen eine neue Verwendung. Die Umwidmung in Wohnraum ist eine Möglichkeit, denn die Umbaukosten liegen ein Drittel unter denen, die für einen vergleichbaren Neubau anfallen würden, hat die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen errechnet. Der Neubau im Altbau verlangt bei Bodenbelagsarbeiten eine besonnene Vorgehensweise. Häufig werden Grundrisse verändert oder Wände versetzt. Auf der neu aufgeteilten Fläche lässt sich dann nicht mehr erkennen, ob im geplanten Wohnzimmer früher mal eine Teeküche war oder ob im Estrich Leitungsschächte liegen. Auch kann es sein, dass noch Altbeläge zu entfernen und Untergründe vorzubereiten sind – eine gewissenhafte Prüfung ist Pflicht. Beim Wiederaufbau geht es heute – in jedem Bestands-, aber auch Neubau – nicht nur um die Frage, welche Lösung die wirtschaftlichste ist, sondern auch darum, wie Bodenbeläge wieder zurückgebaut werden können, beispielsweise bei einem Mieterwechsel. Die vollflächige Klebung ist dann selten die erste Wahl, auch wenn sie unter bestimmten Bedingungen immer noch sinnvoll sein kann.

Es muss nicht immer Auslegeware sein: Abgepasste Teppiche setzen Akzente und können die individuelle Handschrift der Inneneinrichtung unterstützen. (Foto: Vorwerk)

Zur nachhaltigen Planung solcher Baumaßnahmen gehört es auch, dass man sich über den CO2-Fußabdruck der in die engere Wahl gezogenen Bodenbeläge Gedanken macht. Hier empfiehlt es sich, seinem Kunden nachvollziehbare Informationen an die Hand zu geben. Wenn Sie diesen umfangreichen Pflichtteil abgearbeitet haben, kommen Sie zur Kür – übrigens auch der Part, der dem Kunden am meisten Spaß bringt! Den Gestaltungsmöglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt, spielen Sie mit Zonierungen, wie einem abgepassten Teppich auf dem Parkett, setzen Sie mit Profilen Akzente oder begeistern Sie mit individuell gestalteten Bodenlösungen.

Der Materialmix am Boden – hier LVT und Teppich – steht nicht nur für Kreativität, sondern kann auch bewusst Zonierungen schaffen. (Foto: Project Floors)