Die Dauerkrisen-Stimmung bremst seit 2020 die deutsche Wirtschaft in allen Bereichen. Auch das Objektgeschäft für Bodenleger und Raumausstatter ist davon betroffen. Lesen Sie hier unsere Analyse „Abwarten und Hoffen“.

Gute Nachrichten zur Auftragslage in der Raumausstatter-Branche sind derzeit dünn gesät. Dabei zeigt unsere jüngste Leserumfrage, dass es aktuell (noch) läuft und die Aussichten gar nicht so schlecht sind. Auch in Gesprächen mit der Industrie wird außerhalb des Protokolls bestätigt, dass es derzeit besser laufe, als es der Gesamtmarkt vermuten lasse. All diese Aussagen sind von der Hoffnung getragen, dass es bald wieder aufwärts geht, dass sich das Konsumklima verbessert oder staatliche Eingriffe das Baugeschäft beleben. Doch gerade der zuletzt genannte Wunsch wird wohl nicht in Erfüllung gehen: Mit dem Einkassieren des Klimafonds durch das Bundesverfassungsgericht wird eine Lücke von 60 Milliarden Euro in die Finanzplanung der Ampelkoalition gerissen – Geld, das (indirekt) auch zur Stabilisierung des Bausektors beitragen sollte.

In Schulen und Kindergärten der öffentlichen Hand besteht nach wie vor ein hoher Renovierungs- und Sanierungsbedarf. (Foto: Nora Systems)

Bauvorhaben auf Eis gelegt

„Hohe Finanzierungs- und Baukosten, die erhöhten energetischen Anforderungen und regulatorische Unsicherheiten lasten weiter schwer auf dem Immobilien- und Bausektor“, heißt es im „BF.Marktradar September“ des Baufinanzierers BF Direkt. Die Folgen lassen sich in steigenden Insolvenzen bei den Projektentwicklern ablesen: Geplante Bauvorhaben werden nicht mehr realisiert, einige bereits begonnene auf Eis gelegt. Weiters Ungemach droht aus Brüssel: Für Kreditinstitute der EU gelten voraussichtlich ab Januar 2025 die umfassenden neuen Basel IV-Vorschriften zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva bei der Kreditvergabe. In der Folge werden Baufinanzierungen noch schwerer und teurer zu bekommen sein. Die Vorgaben der Europäischen Union zwingen uns aber trotz fehlender Milliarden und Finanzierungshürden zur Einhaltung des Green Deal.

Der Klimaschutz hat ungeachtet aller Hemmnisse Priorität, so auch die Einschätzung von Martin Langen, B+L Marktdaten, der die Thematik ausführlich zur FEB-Tagung (Näheres dazu in der gedruckten Dezember-Ausgabe der RZ) beleuchtete. Daraus könnte man ableiten, dass dem Substanzerhalt bald mehr Priorität gewidmet wird, hierfür spricht auch ein mögliches Abrissverbot von Bestands(wohn)immobilien, das in Berlin schon länger diskutiert wird.

Durststrecke überstehen

Mit Sicht auf 2024 lassen sich mit verhaltenem Optimismus aber doch noch Lichtblicke erkennen. So liegt das Auftragsvolumen der öffentlichen Hand derzeit höher als im Vergleichszeitraum 2019. Laut Klimaschutzgesetz müssen Kommunen oder Träger öffentlicher Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten bei ihren Beschaffungen neben der Wirtschaftlichkeit auch den Klimaschutz beachten. Bei der Materialwahl müssen sie also schon daher etwas höher ins Regal greifen – das freut den Raumausstatter. Größere Objekte, die sich noch in Fertigstellung befinden, werden größtenteils auch zu Ende gebaut. Ohne Bodenbelag, Wandbekleidung oder Sonnenschutz können sie nicht in die Nutzung gehen. Ebenfalls noch Luft nach oben besteht im Gastgewerbe und der Gastronomie, die nach wie vor einen Renovierungsstau abarbeiten müssen.

Trotz aktuell noch gesenkter Mehrwertsteuer hat die Gastronomie um ihre Kunden zu kämpfen. Für viele ist daher die Attraktivitätssteigerung der Ausstattung eine Möglichkeit, den Anschluss nicht zu verlieren. (Foto: Project Floors)

Und auch der Einzelhandel könnte sich 2024 als potenzieller Auftraggeber anbieten: Um gegen die Online-Konkurrenz und den Attraktivitätsverlust der Innenstadtlage weiterhin im stationären Handel zu bestehen, muss im Ladenbau kräftig aufgerüstet werden. Gerade die große Bandbreite des Raumausstatter-Handwerks kann helfen, die temporäre Durststrecke unbeschadet zu überstehen. Mit Vielseitigkeit, planerischer Expertise und handwerklichem Know-how lässt sich auch mittelfristig am schrumpfenden Markt partizipieren. Welche Produkte und Arbeitstechniken Ihnen dabei helfen können, haben wir in der aktuellen Dezember-Ausgabe der RZ zusammengestellt.

Um gegen die Online-Konkurrenz zu bestehen, muss der stationäre Einzelhandel mehr denn je in den Ladenbau investieren. (Foto: Object Carpet)