Text/Autor: Vanessa Hahn, Fotos: Reinkemeier/Humpert

Mit dem Wunnerswat in Verl haben innenarchitektin Kathrin Reinkemeier und Raumausstatter Michael Humpert ein individuelles und außergewöhnliches Hotel gestaltet – und wurden mit dem MSF-Interior-Award prämiert. Erstmalig wurde in diesem Jahr der MSF-Interior-Award vergeben – er zeichnet Raumausstatter, Inneneinrichter, Innenarchitekten und Interior Designer aus, die bei ihrer Arbeit in nachahmenswerter Art Textilien, Deko- und Möbelstoffe, textile Bodenbeläge oder textile Tapeten eingesetzt haben. In der Kategorie Contract/ Hotel wurde ein besonderes Duo prämiert: Kathrin Reinkemeier, Innenarchitektin aus Rietberg, und Michael Humpert, Raumausstatter aus Verl. Gemeinsam haben sie für das Hotel Wunnerswat erstmals für ein Contract-Projekt zusammengearbeitet und im Ort Verl etwas ganz Besonderes geschaffen – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Wunnerswat, der Name des Hotels, bedeutet auf Plattdeutsch nicht weniger als „etwas ganz Besonderes, Einzigartiges“.

Herausforderung der Kombination von alten und neuen Elementen im Hotel
Mit insgesamt 60 Zimmern ist das Hotel nicht sehr groß, doch durch die individuelle Gestaltung war der Umbau ein äußerst umfangreiches Projekt. Gewissermaßen handelt es sich um gleich drei Projekte: Denn das Wunnerswat besteht aus einem Neubau, einem Altbau sowie einem Denkmalschutz-Teil. „Wir wollten erreichen, dass der Besuch im Hotel für den Gast zu einer Erlebnisreise wird“, erklärt Kathrin Reinkemeier. So, dass die Gäste gerne wiederkommen wollen um noch mehr zu entdecken. Jedes der 60 Zimmer ist anders gestaltet – als verbindendes Element ist in jedem ein leuchtend gelber Samtsessel zu finden. Besonders spannend war für Reinkemeier und Humpert auch die Kombination von Alt und Neu. Das Hotel ist aktuell in zweiter Generation familiengeführt. „Den Bauherren war es daher bei der Planung der Innenausstattung besonders wichtig, nicht alles rauszureißen, sondern bereits vorhandene Details, wie alte Messinglampen oder bunt bemalte Glasfenster der Bar, auch zukünftig zu integrieren. Eine Herausforderung – Kathrin Reinkemeier, die viel im Hoch- und Neubau tätig ist, weiß: „Es ist viel einfacher, neu zu bauen, als umzubauen.“ Die Herausforderung Wunnerswat hat die Innenarchitektin gerne angenommen: „Durch das Miteinander von Alt und Neu entsteht ein Spannungsfeld, Räume erwachen zum Leben und das Interieur bekommt Persönlichkeit. So werden Gäste im Denkmalschutz-Teil von strahlend blauen Türen überrascht – eine unkonventionelle Lösung, die Individualität und einen Wiedererkennungswert schafft.

Langfristige Planungen, individuelle Lösungen
Herausfordernd war auch der zeitliche Ablauf: Insgesamt haben die Arbeiten am Hotel Wunnerswat mehr als zwei Jahre gedauert. Kathrin Reinkemeier musste Farb- und Stoffkonzept für die Ausschreibung jedoch schon vorab in der Rohbau- und Entkernungsphase festlegen. „Im Privatkunden-Bereich sage ich immer, die Deko kommt ganz zum Schluss, wenn alles andere fertig ist“, sagt Kathrin Reinkemeier. Auch dank der Expertise von Michael Humpert sind an vielen Stellen im Hotel maßgeschneiderte und individuelle Lösungen entstanden. Ein Zimmer + Rohde-Seidenstoff mit transparenten Stickereien in Rautenform fungiert zwischen Bar und Frühstücksraum als Raumteiler, der dank seiner Transluzenz einen offenen Charakter schafft. Um an anderer Stelle denselben Stoff als Wandvorhang einzusetzen, musste die feine Seide hinterfüttert werden, ohne dabei an Transparenz und Schönheit zu verlieren. Michael Humpert kannte die Lösung: „Wir haben einen silbrig schillernden Futterstoff gewählt, der für die Seide eine wahre Bereicherung darstellt.“ Auch für die Verdunkelung der Altbaufenster musste getüftelt werden: „Es gibt weder Deckenhöhen, um zu montieren, noch ausreichend Platz, um etwas verschwinden zu lassen“, erklärt Humpert. Letztendlich wurde ein gespanntes Raffrollo-System eingesetzt, das mit Blackout-Futterstoff hinterfüttert ist. Im ganzen Hotel kommen äußerst hochwertige Stoffe zum Einsatz, von Marken wie Romo, Casamance, Designers Guild oder Christian Lacroix. „Hier rechnen wir auch dem Bauherrn hoch an, dass bei diesem Projekt nicht, wie es im Objektbereich häufig der Fall ist, immer ein niedriger Preis das ausschlaggebende Kriterium war.“ Auch durch Lieferengpässe von Stoffen, die bereits lange vorab eingeplant waren, wurden die beiden mehrmals zum Improvisieren gezwungen. „Da sind natürlich Messen wie der Münchner Stoff Frühling hilfreich – dort habe ich Stoffe entdeckt, die ich dann im Hinterkopf hatte, als wir später Alternativen suchen mussten, wenn ein ursprünglich geplanter Artikel nicht lieferbar war.“

Wunnerswat2Auch in Zukunft gemeinsame Projekte
Mittlerweile arbeiten die Innenarchitektin und der Raumausstatter schon am nächsten gemeinsamen Projekt: Sie gestalten zusammen ein kleines Ladenlokal, für das Kathrin Reinkemeier die Planung, Michael Humpert die Dekoration übernimmt. Die Besonderheit: Der zukünftige Oberbekleidungs-Laden befindet sich in einer umgebauten alten Apotheke aus den 1930er-Jahren, in der auch das Mobiliar aus früheren Zeiten noch steht. Mit Stoffen in pastelligem Lachsrosa, halbrunden Spiegeln im Stil der 1950er-Jahre und Tapeten mit Tigerprint verspricht auch das nächste gemeinsame Projekt, wieder etwas Einzigartiges zu werden – und die beiden liegen damit am Puls der Zeit: Ob im Hotel oder im stationären Handel, Gäste und Kunden sehnen sich nach Individualität und Erlebnissen. Und diese Emotionen kann das Interieur wecken, weiß Michael Humpert: „Die Phase, in der Dekoration nicht mehr den hohen Stellenwert hatte, wandelt sich – zum Glück. Die Leute haben wieder mehr Lust auf Stoffe, Farbe, Muster und das Gefühl, das sie verkörpern und das ist auch gut so!“