Beim Markenhersteller W. & L. Jordan hat inzwischen die vierte Generation tragende Rollen übernommen. Wie Marketing, Produktentwicklung und Vertrieb rund um die Marke Joka verknüpft sind, dazu Felicitas und Johann Ludwig Jordan im Gespräch.

In der vierten Generation bereichern die Geschwister Felicitas und Johann Ludwig Jordan das Familienunternehmen im Marketing und Vertrieb.
Frau Jordan, Herr Jordan, Sie sind an entscheidenden Positionen im Unternehmen tätig: Leiterin Marketing und Digital Business Development beziehungsweise Vertriebsleitung Deutschland für Joka-Bodenbeläge und Heimtextilien. Wo treffen Ihre Verantwortungsbereiche zusammen?
JOHANN LUDWIG JORDAN: Die Bezeichnung unserer Positionen definiert unsere Arbeitsbereiche sehr gut. Um dies näher zu beleuchten: Ich konzentriere mich mehr auf den B2B-Vertriebspart und meine Schwester fokussiert sich auf das Marketing, wobei die Marke Joka eine zentrale Rolle spielt. Unsere Arbeitsbereiche überschneiden sich immer, wenn Vertrieb und Marketing ineinandergreifen. Zum Beispiel, wenn wir Endkunden mit unseren Handwerkspartnern zusammenbringen oder vertriebsrelevante Marketinginhalte gezielt im B2B-Bereich einsetzen. Dafür stimmen wir uns regelmäßig ab. Beide Arbeitsbereiche müssen harmonieren, um als Unternehmen erfolgreich zu sein.
FELICITAS JORDAN: Viele Überschneidungen ergeben sich zum Beispiel beim Sport-Sponsoring, wo wir unter anderem im Biathlon aktiv sind. Dort organisieren wir viele Kundenevents. Hier arbeiten Marketing und Vertrieb vom Einladungsmanagement bis zur Kundenbetreuung vor Ort Hand in Hand eng zusammen. Oder bei allen digitalen Themen: Dazu gehört beispielsweise die Einführung neuer Tools, die auch unseren Vertrieb stärken. Daneben spielt unsere Funktion als vierte Generation eine Rolle, weil wir in der Verantwortung sind, unser Familienunternehmen gemeinsam mit unserem Vater und den beiden weiteren Geschäftsführern erfolgreich für die Zukunft aufzustellen.

Neben der 2020 eröffneten Joka Zentrale Bodenbeläge in Kassel, die eine Lagerhalle von 30 000 Quadratmetern inkludiert, ist das Unternehmen Jordan an 77 weiteren Standorten international vertreten.
Ist es für Ihre Arbeit von Vorteil, Bruder und Schwester zu sein?
FELICITAS JORDAN: Es ist sehr hilfreich, wenn man Entscheidungen nicht allein treffen muss. Man hat immer jemanden, den man anrufen kann, man kennt sich, und der Kommunikationsweg ist direkt.
JOHANN LUDWIG JORDAN: Die Vertrauensbasis ist beständig, wir kennen uns logischerweise extrem gut und man kann seine gegenseitigen Stärken und Schwächen sehr gut einschätzen. Das macht uns die Zusammenarbeit sehr leicht.
Welche Rolle nimmt Ihr Vater ein?
FELICITAS JORDAN: Unser Vater ist weiterhin CEO und letztlich ist auch er derjenige, der gerade bei großen Themen und Projekten die abschließende Entscheidung fällt. Wir geben unsere Meinungen oder Empfehlungen ab und haben innerhalb unserer Verantwortungsbereiche natürlich auch selbst entsprechenden Entscheidungsfreiraum, was wir sehr zu schätzen wissen.
JOHANN LUDWIG JORDAN: Sowohl unser Vater als auch der kaufmännische Geschäftsführer, Herr Thomas Peter, und der Geschäftsführer Holz, Herr Fred Himmelmann, sind bei entscheidenden Themen intensiv eingebunden, weil diese gemeinsam, ganzheitlich und übergreifend für das ganze Unternehmen getroffen werden müssen. Insofern sind wir zu fünft. Bei speziellen Themen, zu denen man richtungsweisende Entscheidungen in dieser Runde fällt, ziehen wir noch die entsprechende Abteilungsleitung oder Fachbereiche hinzu. Um noch einmal auf Ihre Frage zurückzukommen: Wir sind in der Geschäftsleitung mitten im Generationenwechsel.
Wie stehen Sie zur Präsenz auf Messen?
Das Thema Messe wird aktuell kontrovers diskutiert. Ich denke schon, dass man aus unternehmerischer Sicht Messen nach wie vor braucht. Es hängt jedoch vom Kontext ab: Wenn man ein neues Produkt, einen neuen Bereich als Unternehmen zu platzieren hat, für das auch eine neue oder eine andere Zielgruppe erreicht werden soll, dann lohnt sich ein Messeauftritt in jedem Fall. Wenn es hingegen darum geht, bekannte Themen vor Bestandskunden zu präsentieren, muss man sich die Frage stellen, ob der Auftritt im Rahmen einer Messe das Investment wert ist.
Wie sieht es mit der Architect@Work aus? Hier hatten Sie 2024 teilgenommen …
Auf der Architect@Work werden wir uns auch dieses Jahr präsentieren, weil wir uns mit der Marke Joka als Hersteller verstehen.
Können Sie das etwas näher erläutern?
Wir machen die gesamte Marketingaufbereitung, organisieren die aufwendige Logistik bis zur Baustelle, die Vertriebsleistung und das komplette Qualitätsmanagement. Somit bilden wir wesentliche Teile der Wertschöpfungskette unserer Produkte ab. Zusätzlich sind wir auch der sogenannte Inverkehrbringer der Ware und für die Qualität mit allen Pflichten verantwortlich. Da wir rund um die Marke Joka viele Dienstleistungen wie zum Beispiel Logistik, Showrooms und ein großes Verarbeiternetzwerk anbieten können, sind wir für das Klientel der Architekten, Planer, Entscheider ein interessanter Partner. Und dieses Segment erreichen wir auf der Architect@Work.
FELICITAS JORDAN: Zum Zeitpunkt unseres Auftritts 2024 auf der Architect@Work waren unsere Akustikpaneele Paro noch recht neu – ein Thema, das wir breit spielen wollten, weil sie sehr hochwertig sind. So machte ein Messeauftritt mit diesem Produkt als Aufhänger Sinn: Akustik ist ein wichtiges Thema für Architekten. Was andere Messen oder Engagements angeht, entscheiden wir individuell.
Wie bewerten Sie den Objektmarkt im Vergleich zum Privatkundengeschäft?
JOHANN LUDWIG JORDAN: Das sind zwei unterschiedliche Themenfelder – sowohl hinsichtlich der Produkte und Mengen als auch mit Blick auf die jeweilige Kundenstruktur. Der klassische Verarbeiter im Objektgeschäft ist oft nicht derselbe Handwerksbetrieb, der bei Privatkunden das Haus renoviert oder den Einfamilienhausbau betreut. Aus vertrieblicher Sicht sind dies unterschiedliche Kanäle. Beide sind für uns wichtige Bereiche. Marktseitig spüren wir natürlich, dass sich das Objektgeschäft aktuell schwieriger gestaltet – vor allem durch den Rückgang im Neubau. Es mangelt an Investitionsbereitschaft. Das betrifft die gesamte Baubranche. Insofern ist für uns positiv zu bewerten, dass wir auch stark im Privatkundengeschäft aufgestellt sind.

Joka-Designböden bieten eine große Auswahl an Dekoren in Holz-, Stein- oder Betonoptik. Langlebig und pflegleicht punkten sie daneben in Küche oder Bad mit Wasserresistenz.
Hilft Ihnen hier Ihr breites Sortiment?
FELICITAS JORDAN: Der Privatkunde schätzt das natürlich: Wir bieten ihm nicht nur den Teppich für das Schlafzimmer, sondern auch den Parkettboden für den Wohnbereich und den Designboden für die Küche. Wir können viele Anwendungsbereiche in einem Einfamilienhaus bedienen – auch Türen und Sonnenschutz. Es ist für Endkunden sehr komfortabel, zu wissen, dass er das Komplettsortiment von einem Hersteller erhält.
Welche Produkte darf man beim Joka-Sortiment als nächstes erwarten?
Unsere „Designbodenkollektion 555“, die wir neu aufgelegt haben. Das Besondere daran ist, dass es in Kürze eine Ergänzung geben wird: die „Designböden 555 evolut“ made in Europe. Beide Produktkollektionen sind hinsichtlich ihrer Qualität gleichwertig. Uns geht es darum, eine Zielgruppe anzusprechen, die bewusst auf Produkte aus rein europäischen Händen setzt. Aus unternehmerischer Perspektive ist es dabei wichtig, die Lieferketten im Auge zu haben, handlungsfähig zu sein und schnellere Transportwege zu nutzen.

Mit den drei neuen Kollektionen „Designböden 555“, „XXL Design“ und „evolut“ erfüllt die Marke Joka die wandelnden Ansprüche verschiedener Zielgruppen.
In wieweit hat Nachhaltigkeit Bedeutung in Ihrem Portfolio?
JOHANN LUDWIG JORDAN: Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle. Wir haben das große Glück, dass wir in weiten Teilen mit dem nachhaltigen Rohstoff Holz arbeiten können. Hinzu kommt, dass aufgrund gesetzlicher Vorgaben und Förderprogramme unterschiedliche Anforderungen für verschiedene Produktbereiche erfüllt werden müssen. Eine wichtige Aufgabe, die dem Qualitätsmanagement zukommt, besteht darin, für die richtigen Förderprogramme und Zertifizierungen geeignete Informationen vollumfänglich zur Verfügung zu stellen.
Ein schönes Beispiel zu diesem Thema ist der S-Finanz-Campus, der mit dem DGNB-Gold-Standard ausgezeichnet wurde …
Ja, dort haben unsere Handwerkskunden eine super Arbeit geleistet. Das war ein sehr schönes Projekt, bei dem von uns nahezu alle Produkte, die wir anbieten, mit eingeflossen sind: Bodenbeläge, Akustikpaneele „Paro“, Türen und die Platten für den Möbelbauer haben wir geliefert.

Das Bürogebäude S-Finanz-Campus in Kassel wurde mit dem DGNB-Gold-Standard ausgezeichnet. Von Joka wurden dafür unter anderem Parkett, Akustikpaneele, Teppichfliesen und Türen verarbeitet.
Wie ist Ihr Unternehmen in Sachen Digitalisierung aufgestellt? Welche Benefits können Ihre Kunden erwarten?
FELICITAS JORDAN: Wir versuchen, die Kunden mit unterschiedlichen Tools zu unterstützen. Wir haben beispielsweise eine breite Palette an Konfiguratoren. Das Neueste ist der Sonnenschutzdesigner, der es ermöglicht, alle unsere aktuellen Plissees sowohl bei Tag als auch bei Nacht in unterschiedlichen Raumsituationen betrachten zu können. So eine Visualisierungsmöglichkeit ist zum Beispiel für die Beratung der Endkunden beim Raumausstatter ideal. Dem Endkunden fällt es oft schwer, sich vorzustellen, wie es aussieht, wenn alle Fenster mit Sonnenschutz gestaltet sind. Auch bieten wir unseren digitalen Raumplaner an, der schon seit einigen Jahren eine sogenannte KI-Funktion inkludiert: Hier kann das eigene Raumbild hochgeladen und der ausgewählte Bodenbelag im Raum virtuell verlegt werden. Das sind unterstützende Tools, die wir unseren Kunden gerne zur Verfügung stellen und natürlich auch selbst nutzen – auf unserer Webseite. Unser Jordanshop, der unseren Handwerkskunden zur Verfügung steht, wird in Kürze einen Relaunch erfahren. Der neue Shop wird technologisch besser, schneller und nutzeroptimierter. Daneben ist uns der persönliche Kundenkontakt weiterhin ein sehr wichtiges Anliegen.
Welche Möglichkeiten hat W. & L. Jordan, positiv Einfluss darauf zu nehmen, auch in Zukunft genügend junge Menschen für das Handwerk zu interessieren?
Seit mehr als 30 Jahren ist die W. & L. Jordan Stiftung etabliert, die ich mit verantworte. In Kooperation mit unseren Niederlassungen, die ohnehin eng mit den Innungen zusammenarbeiten, unterstützen wir beispielsweise die Gesellenfreisprechungen. Die Stiftung wirkt hier als finanzieller Förderer. Daneben planen wir, auch die Meisterausbildung, die sehr kostenintensiv ist, zu fördern. Das muss natürlich für die Stiftung, die mit Spendengeldern finanziert wird, tragbar sein. Ich arbeite hier gerade an einem Konzept, um einen solchen Support weiterhin zu realisieren.
Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren und was möchten Sie intensivieren oder aktualisieren?
JOHANN LUDWIG JORDAN: Ganz klar verstehen wir uns weiterhin als Markenanbieter sowie als professioneller Partner des Handwerks für den gesamten Bereich Innenausbau. Zudem stellen wir uns mit zusätzlichen Unternehmensbereichen wie dem Holzbau aktuellen Marktanforderungen im Bereich des nachhaltigen Bauens. Wir halten es uns immer offen, auf neue Marktgegebenheiten mit Veränderungen in unserem Produktportfolio zu reagieren. Daneben möchten wir mithilfe der Digitalisierung nicht nur unsere Prozesse optimieren, sondern auch unsere B2C2B-Journey weiter professionalisieren. Hinter B2C2B steckt der Marktbearbeitungsansatz, mit der Marke Joka aktiv unsere Produkte beziehungsweise auch unsere Branche zu bewerben und dem Privatkunden Lust auf Renovierung oder Einrichtung zu machen. So entstehen sehr interessante B2C-Kontakte, die in unser B2B-Kundennetzwerk einfließen. Dieses Zusammenspiel wollen wir professionalisieren und digitalisieren.
FELICITAS JORDAN: Natürlich sind auch die sozialen Medien für uns von großer Bedeutung, die wir selbst nutzen oder die sich positiv für uns auswirken. Beispielsweise antwortete ein junges Paar nach der Beratung auf die Frage, warum seine Wahl auf Joka gefallen ist: „Wir hatten auf Instagram bei einer Influencerin einen Joka-Bodenbelag gesehen.“ Um für Kunden, die uns auf Social-Media-Kanälen entdecken, besser auffindbar zu sein beziehungsweise um ihnen den Kontakt zu unseren Joka-Fachberatern zu ermöglichen, haben wir unsere Webseite letztes Jahr frisch optimiert.
Vielen Dank für das Gespräch.