Die Messe Bau 2025 in München ließ für fünf Tage die herausfordernden Zeiten hinter sich und war voller Zuversicht – fast wie früher. Lesen Sie hier die Eindrücke unseres Redakteurs Jens Lehmann.
Ausgebuchte Hallen, volle Gänge – positive Stimmung. Der Start ins Jahr hätte für die Branche nicht besser sein können. So zumindest mein Eindruck im Gespräch mit Ausstellern und Besuchern. Angesichts der angespannten Lage in der Baubranche und einiger Absagen von Branchengrößen war wohl die Messe München als Veranstalter mehr als zufrieden. „Die Erwartungen für die Bau waren zu Beginn wegen des konjunkturellen Umfeldes gedämpft. Die Resonanz bei Ausstellern und Besuchern ist aber eindeutig positiv. Die Bau gibt gerade in dieser Zeit Mut und Zuversicht“, bilanziert Messe München-Geschäftsführer Reinhard Pfeiffer. Und Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, unterstreicht: „Die Bau bestätigt erneut ihre Rolle als führende Branchenveranstaltung.“ Die abschließenden Zahlen können sich sehen lassen: Über 180 000 Besucher an fünf Tagen – 2023 waren es 190 000 an sechs Tagen, 2230 Aussteller (2023: 2260) aus 58 Ländern. Und: Erstmals kamen über 50 Prozent der Aussteller und 44 Prozent der Besucher aus dem Ausland. Die Bau gewinnt international weiter an Bedeutung. Mit Blick auf diese bemerkenswerte aktuelle Bilanz und die stetige Entwicklung der Messe in den letzten Jahren wurde von den Veranstaltern allerdings die Chance vertan, das 25. Jubiläum der Bau zu würdigen. Gerade in einer sich derzeit wandelnden Messelandschaft sollte auch für Macher das Klappern zum Handwerk gehören.

Farbenfroh, vielfältig und positiv präsentierte sich die Bau 2025 ganz so wie die schwappende Farbwelle auf einem HTW-Teppichboden.
Mix aus Produkt- und Praxisshow
Das lautstarke Bewerben einer handwerklichen Dienstleistung, das seinen Ursprung übrigens schon im Mittelalter hat, bestimmte auf der Bau 2025 einmal mehr die Präsentationen der Aussteller. DIY-Ikone Konny Reimann sorgte bei Schraubenanbieter Spax für Staus im Gang: Gestandene Handwerksmeister standen beim bekanntesten Auswanderer Deutschlands Schlange für ein Selfie. Für großes mediales Interesse sorgte der Auftritt des Hollywood-Schauspielers Ralf Moeller, der eigentlich eine Nachwuchsförderung promoten wollte, aber seine Publicity zudem nutzte, um für den Wiederaufbau seiner durch Waldbrände in Mitleidenschaft gezogenen Wahlheimat Los Angeles zu werben. Nicht ganz so prominent, aber kaum leiser ging es in unserer Branche zu. Verlegewerkstoffanbieter wie die Sika-Gruppe – Schönox, PCI, Thomsit –, Mapei oder Loba/Wakol rückten in Praxisvorführungen die Anwendungstechnik ihrer Produkte und Systeme in den Fokus. Und auch in den Bodenbelagshallen wurde geklickt und geklebt oder mit Musik für Aufmerksamkeit gesorgt – und das schon oft vor den abendlichen Standpartys. „Das Paket der Bau hat wieder einmal gestimmt“, war dann auch das Fazit vieler Besucher aus dem Handwerk, die sich vom zweijährlichen Mix aus Produkt- und Praxisshow angesprochen fühlen.

Praxisvorführungen sind das Salz in der Suppe der Bau und freuen sich stets großer Beliebtheit.
Konkretes zur Kreislaufwirtschaft
Auch wenn keine neue Bodenbelagsgattung vorgestellt wurde und das jüngste Eichedekor ziemlich viel Ähnlichkeit mit dem letztjährigen hat, gab es Interessantes zu entdecken. Positiv aufgefallen ist mir, dass das Thema Nachhaltigkeit nun langsam auch in der praktischen Umsetzung greifbar wird. Gerade bei den Belagsanbietern sind Konzepte zum verstärkten Einsatz von Recyclingmaterialien in der Fertigung sowie Ansätze zur Rückführung von Altbelägen in die Produktion zu erkennen. Dass derzeit hier noch jeder Anbieter sein eigenes Konzept verfolgt, scheint mir aber nicht zielführend zu sein. Eine Kreislaufwirtschaft kann auch in unserer Branche nur nach dem Prinzip des Grünen Punkts funktionieren – da ist also noch Luft nach oben. Object Carpet setzte seinen strikten Nachhaltigkeitsanspruch konsequent in Szene: Der große personell unbesetzt konzipierte Messestand warb nur mit einem kleinen Exponat für die kreislauffähigen „Duo“-Teppichböden und verkündete in großen Lettern, dass im Sinne der Sustainability die Show überflüssig sei. Nur auf den ersten Blick interessant zeigte sich die Idee des belgischen Unternehmers Floorify zur Erneuerung von Altbelägen: Sein Ansatz ist, einen alten Rigid-Belag nach der Erstnutzung zurückzunehmen, ihm rückseitig ein neues Dekor zu verpassen, um ihn dann als refurbished wieder anzubieten. Klingt gut, aber da die Fertigung in Übersee liegt, dürfte der ökologische Fußabdruck nicht besonders attraktiv sein. Dennoch sind alle diese Initiativen zu begrüßen, zeigen sie doch, wie wichtig das Thema ist und wie schwierig es sich darstellt, einen gangbaren, möglichst gemeinsamem Weg zu finden.

Mut zur Lücke bewies das Unternehmen Object Carpet, das am Stand fast ohne Exponate für sein Nachhaltigkeitskonzept warb.
Comeback der Wandpaneele?
Deutlich greifbarer für das Tagesgeschäft des Raumausstatters ist hingegen das Thema Raumakustik – nicht nur bei Bodenbelägen: Wandelemente aus mit Holz(werkstoff )leisten beklebten Filzplatten gab es in Hülle und Fülle zu sehen. Die einfach zu verarbeitenden, weil vorkonfektionierten Platten sind nicht nur akustisch wirksam, sondern auch äußerst dekorativ. Ter Hürne verpasst seinen Elementen mit LED-Beleuchtung, Garderobenhaken, Ablageflächen und Bildaufhängungen ein Upgrade zur modularen Systemlösung. Während sich hier möglicherweise ein Comeback der Wandpaneele andeutet, gewinnt parallel die Wandgestaltung mit Bodenbelägen weiterhin an Bedeutung. Bringen die einen einfach nur vorhandene Produkte von der Horizontalen in die Vertikale, verfeinern andere die Idee zum Komplettpaket mit Abschlussprofilen und Dritte bieten Systemaufbauten für den Einsatz in Badezimmern an. Diesem wachsenden Segment mit speziellen Anforderungen widmen wir uns in unserer gedruckten Ausgabe im März intensiver.

Akustikelemente (ter Hürne) für die Wand werden zum funktionalen Gestaltungselement – ein Trend, der erfolgversprechend scheint.
Dominanz der Designbeläge ungebrochen
Insgesamt sehr erfreulich war die große Bandbreite der gezeigten Produkte für die Raumausstattung. Im Segment Boden konnte man sich trotz der Absage einiger großer Anbieter einen guten Überblick verschaffen. Die massive Präsenz der elastischen Anbieter ließ nach wie vor die Dominanz der Designbeläge erkennen. Während in den Randbereichen der Hallen schon mal asiatische Anbieter mit dem Angebot „5 Container LVT für den Preis von 4“ warben, konzentrierte man sich bei den etablierten Markenartiklern im Zentrum auf nuanciertere Aussagen: Europäische Fertigung, schnelle Lieferfähigkeit, lange Kollektionslaufzeiten, umfassender Service sind Argumente, die bei austauschbarer Dekorvielfalt entscheidend sein können, Kunden zu gewinnen. Bemerkenswert war auch, dass etliche Teppichhersteller in München Flagge zeigten. Sie unterstrichen mit viel Design und technischer Raffinesse, dass textile Bodenbeläge sowohl im Objekt als auch im Wohnbereich mehr Beachtung verdient hätten. Das stetig erweiterte Angebot an abgepassten Teppichen – eben auch von klassischen Bahnenwarenanbietern – zeigt, dass hier noch immer ein gewisser Bedarf besteht, den noch nicht jeder Raumausstatter in seinem Portfolio abbildet. Im Bereich Boden-Technik zeigt sich die anhaltende Tendenz zur Renovierung statt zum Neubau. Systemaufbauten für problematische Altuntergründe, Lösungen für die Verlegung auf Fußbodenheizung oder Konzepte zum schnellen Belagswechsel in Shops, Schulen oder Arztpraxen standen häufig im Mittelpunkt. Ebenso wie die Möglichkeiten, Altbeläge durch Renovierung der Oberfläche zu erhalten und das nicht nur bei Parkett, sondern auch bei elastischen Belägen.

Elastische Bodenbeläge prägen das Bild in den Bodenhallen der Messe und zeigen, dass es neben den Platzhirschen aus dem Designbelagslager auch bemerkenswerte Bahnenware gibt.
Interessantes Indoor-Segment auf der Bau 2025
Traditionell stellen in München auch einige Sonnenschutzanbieter aus, wobei häufig Produkte für Rollladenbauer im Zentrum stehen. Neben Insektenschutz gab es innen- und außenliegende Anlagen zu entdecken, die mit Produktverbesserungen, Kollektionsabrundungen und erweiterten Smart Home-Lösungen ins neue Jahr starteten. Im Outdoor-Segment ergänzen immer öfter Terrassenüberdachungen in Form von Pergolen die traditionelle Markise. Wer auch im Außenbereich für seine Kunden tätig ist, konnte hier die ein oder andere interessante Sortimentsabrundung finden. Kaum Beachtung fand das Thema Wandgestaltung: Tapetenhersteller zogen die Heimtextil der Bau vor – ebenso wie schon immer der gesamte Deko- und Möbelstoffbereich. Auch Farbenanbieter zeigten kaum Flagge, da sie vermutlich ihre Kunden bereits auf der Messe Farbe im April 2024 in Köln getroffen hatten.
Wachstum wieder möglich
Auch wenn in der Baubranche die Bäume derzeit nicht in den Himmel wachsen, besteht nach der Bau doch Grund zur Hoffnung, dass die Talsohle durchschritten ist und sich gerade für spezialisierte Fachhandwerker Chancen auftun können. Als Teil eines wirklich bemerkenswerten Vortragsprogramms zur Messe forderte Professor Roswag-Klinge, Leiter des Natural Building Labs an der TU Berlin, in seinem Referat „Bauen in planetaren Grenzen“, Neubauten stark zu hinterfragen und stattdessen Bestandsgebäude in den Fokus zu rücken. Er geht davon aus, dass 80 Prozent der Raumbedürfnisse durch Umnutzung und Sanierung des Bestands gedeckt werden können. Ein sich möglicherweise auftuender Markt, der wie geschaffen dafür ist, vom Raumausstatter bedient zu werden.

Die Tretford-Geschäftsführer Lars Engelke und Markus Haick zeigten sich beeindruckt von der guten Stimmung in München.